Seit 2012 hat sich die Zahl der Geflüchteten fast verdreifacht, weltweit sind 80-90 % von allen Geflüchteten Frauen* und Kinder. In Deutschland sind 30% der Geflüchteten weiblich. Grund für den niedrigen Anteil weiblicher Geflüchtete sind u.a. die sexistischen Ausgrenzungsmechanismen der Industrieländer, die weniger weibliche Geflüchtete aufnehmen, da sie als weniger mobil und weniger „nutzbar“ als Männer* gelten. Viele Frauen* müssen aus familiären Gründen in ihrem Gefahrenland bleiben oder bewegen sich nur als Binnengeflüchtete in die Nachbarländer. Darüber hinaus werden sie entweder nicht geduldet oder können die Flucht finanziell nicht ermöglichen. Wenn die finanziellen Ressourcen nicht ausreichen, sind viele Frauen* gezwungen sich in Form von Prostitution zu verkaufen. Viele Schlepperbanden nutzen diese hilflosen Situationen von Frauen* aus. In besonders schlimmen Fällen werden die Frauen* in Westeuropa auf unmenschliche Weise verkauft, wo sie den guten Beziehungen zu den jeweiligen Zoll- und Polizeibehörden unterliegen, sie werden unter brutalen Drohungen zur Prostitution gezwungen und ihnen wird jegliche Bewegungsfreiheit geraubt.
Junge Mädchen* und Frauen* flüchten meist erst, wenn sie wissen, dass ihnen keine Gefahr droht oder die Familie es zulässt. Dem wäre nicht so, wenn sie auf direktem und legalem Wege in das Zielland einreisen dürften. Die Angst vor sexualisierter Gewalt oder vom Mann* oder der Familie verstoßen zu werden ist zu groß, sie sind viel zu oft wehr- und hilflos. Vorfälle, wie zum Beispiel die Genitalverstümmelung dieser Mädchen* und Frauen*, zwingen sie zu bleiben. Sie werden eingeschüchtert von Ärzt*innen, Behörden und ihren Peiniger*innen.
Die Genitalverstümmelung gilt als Tabuthema und wird oft verschwiegen. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass Genitalverstümmelungen auch in Deutschland praktiziert werden. Es sind allein in Deutschland 30.000 Frauen* betroffen. Zu unserem Erschrecken reichen Gesetze wie der §226a, welcher „Verstümmelung weiblicher Genitalien“ verbietet, nicht aus, da sogar deutsche Ärzt*innen rechtfertigen „unter besseren hygienischen Aspekten, Schmerzlosigkeit und Narkose“ Genitalverstümmelung durchführen zu können. Durch die ständige Aussetzung Diskriminierungen und den teilweise entsetzten Reaktionen von Gynäkolog*innen gegenüber betroffener Frauen* fühlen sie sich fatalerweise „unnormal“.
Auch in Unterbringungseinkünften in Deutschland wird kein sicherer Schutz für Frauen* gewährleistet. Sie sind dort fehlender Privatsphäre, räumlicher Enge und Lärm ausgesetzt. Zudem ist es keine Seltenheit, dass es auch in den vorhergesehenen „Schutzräumen“ zu verbaler und sexualisierter Gewalt kommt.
Wir fordern deshalb ganz praktisch:
Besseren Schutz für Frauen* in ihren Heimatorten, aber vor allem, dass sie in den Unterbringungseinkünften, nach den traumatischen Erlebnissen durch Verfolgung, Folter und Flucht Ruhe finden können!
Die Verbesserung der medizinischen und psychologischen Behandlungen!
Spezialist*innen, die kulturelles Einfühlungsvermögen und Verständnis zeigen können!
An dieser Stelle möchten wir an all diejenigen gedenken , die bei der Flucht ums Leben gekommen sind und an das Unglück am 19. April 2015, bei dem 800 Menschen ertranken – Darunter den 200 Frauen*.