Unter dem Titel „Masseneinwanderung und Asylmissbrauch stoppen!“ wollen erneut Neonazis am 03. Oktober in Hamm aufmarschieren. Was passiert, wenn solche Parolen unkommentiert gelassen werden, zeigt sich derzeit wieder an den Zuständen , die in Deutschland und Europa herrschen.
Auf die rassistische Hetze von PEGIDA und Co anfang diesen Jahres reagierten große Teile der Politik und Bevölkerung mit Dialogbereitschaft, Verständnis und letztendlich einer weiteren Verschärfung des Asylrechts. Auch wenn PEGIDA mittlerweile an Einfluss verloren hat, hat es das dazugehörige Gedankengut definitiv nicht.
Meldungen von über 100 Toten an den EU-Außengrenzen, Anschläge auf Notunterkünfte oder Übergriffe auf offener Straße sind momentan leider eher die Regel als die Ausnahme. Über 200 Übergriffe auf Asylbewerber*innen gab es bereits in diesem Jahr und noch immer wird in diesem Zusammenhang das Kind nicht beim Namen genannt: Rassistischer Terror.
Auf den Tag genau 23 Jahre nach den Pogromen von Rostock-Lichtenhagen, haben im Rahmen einer Demonstration gegen angeblichen “Asylmissbrauch” über 300 Neonazis eine Geflüchtetenunterkunft bei Heidenau angegriffen. Dabei werden die Täter*innen solcher Anschläge als ,,Asylkritiker‘‘ bezeichnet und die Taten selbst regelmäßig relativiert und verharmlost. Die Polizei bleibt weitestgehend passiv und ein größerer gesellschaftlicher Aufschrei bleibt aus. Das beweist uns nur, dass ein zivilgesellschaftliches Engagement gegen derartige Zustände unbedingt nötig ist. Menschen, die eine lebensgefährliche Flucht auf sich nehmen, haben guten Grund dazu. Dass diese Menschen als Problem behandelt werden, während die Täter*innen an den Schreibtischen und auf den Straßen wenig Gegenwind bekommen, ist inakzeptabel und ein Zustand , den es abzuschaffen gilt!
Ebenso kritikwürdig bleibt die „Flüchtlingspolitik“ der EU und der öffentliche Diskurs darüber. Für die vielen Toten an den Grenzen werden hauptsächlich sogenannte „Schlepperbanden“ verantwortlich gemacht – dass diese für Flüchtende durch die Abschottungspolitik der EU überhaupt erst nötig werden, findet dabei keine Erwähnung.
Faktisch gibt es für Asylsuchende keine Möglichkeit, legal nach Europa zu kommen bzw. sich innerhalb Europas zu bewegen. Doch anstatt sichere, legale Einreisewege zu schaffen, die viele Gefahren einer Flucht nach Europa beheben würden, soll es einen militärischen Kampf gegen ebenjene „Schlepper“ geben. Leiden werden darunter einmal mehr diejenigen, die Schutz suchen.
Fragwürdig bleibt ebenfalls, warum staatlich finanzierte Rettungsoperationen wie „Mare Nostrum“ wegen angeblich zu hoher Kosten eingestellt, gleichzeitig aber Milliardenbeträge in Grenzsicherung und Abschirmung investiert werden. Beispielhaft dafür ist die von FRONTEX geleitete „Operation Triton“, die direkte Nachfolge von „Mare Nostrum“. Offizieller Auftrag ist hier nicht die Rettung von Menschenleben, sondern die Sicherung der EU-Außengrenze.
Dass gezielte Abschreckung statt humanitärer Hilfe die Taktik der Wahl ist, zeigt sich nicht nur an den Außengrenzen: Jüngst forderten Politiker*innen, in Bayern grenznahe Lager für Geflüchtete aus Balkanländern einzurichten – nur um sie schneller abschieben zu können und so zu zeigen, dass es für sie keine Zukunft in Deutschland geben wird.
Diese Politik ist symptomatisch für die Art und Weise, wie derzeit in Großteilen der Gesellschaft über Flüchtende gedacht wird: „Sie“ sind ein Problem, dem mensch sich besser schnell entledigt. Mord bleibt dabei sowohl für Politker*innen, als auch für „besorgte Bürger“ keine allzu ferne Option…
Wir können nicht akzeptieren, dass das Fehlen jeglicher Empathie als politischer Normalzustand gilt und das Sterben weiter geht. Dem Rassismus und Zynismus, der die öffentliche Debatte beherrscht, muss etwas entgegen gesetzt werden! Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass Anschläge wie in Sachsen, Brandenburg und Baden-Württemberg als „traurige Einzelfälle“ abgestempelt werden. Diese Ausschreitungen kommen nicht aus heiterem Himmel, sie haben System. Leute die von „Asylschmarotzern“ und vom „Boot, das schon lange voll ist“ reden, liefern die Grundlage für den Mob, der Brandsätze auf die Menschen wirft, die oft bereits das Schlimmste erlebt haben.
Es reicht nicht, sich auf die scheinbare Existenz einer hochgelobten „Willkommenskultur“ zu verlassen.
Das Problem heißt Rassismus und muss als solches erkannt und bekämpft werden!
Es gibt viele gute Gründe auf die Straße zu gehen – Wiedervereinigung und angeblicher „Asylmissbrauch“ gehören nicht dazu. Kommt am 03. Oktober nach Hamm und zeigt euch solidarisch mit Geflüchteten!
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